«Mit der NEAT kann der gesamte künftig auf unsere Nord- und Südgrenzen zurollende Gütertransitverkehr von der Bahn bewältigt werden.» Das schreibt der Bundesrat 1992 in der Stellungnahme zur NEAT-Abstimmung und bittet die Stimmberechtigen der Vorlage zuzustimmen und die Referenden abzulehnen. Die Kosten für die NEAT werden auf 14.9 Milliarden geschätzt – Preisstand 1991 .

Auch wegen diesem Versprechen hat die Schweizer Bevölkerung 1992 der NEAT-Vorlage mit 64% Ja-Stimmen zugestimmt und damit Investitionen von über 20 Milliarden Franken für einen siedlungsverträglichen Güterverkehr genehmigt.

Bei der Beurteilung des Verlagerungsberichtes 2017 – 25 Jahre später - sehen wir positive und negative Ergebnisse der Verkehrspolitik. Positiv zu werten ist, dass der Bahnanteil Ende 2016 weiter auf 71% gestiegen ist, das ist aber weit weniger als er noch vor dem Bau der NEAT gelegen hat. Erfreulich ist, dass die Zahl der alpenquerenden Strassengüterfahrzeuge nach einem Höchststand von 1.4 Millionen im Jahr 2000 auf unter eine Million gesunken ist – das ist ein Rückgang in den letzten 15 Jahren von 31%. Doch die Zahl liegt immer noch um 50% über dem Ziel, das im Güterverkehrsverlagerungsgesetz festgesetzt worden ist.

Zu Besorgnis Anlass gibt aber, dass die Bevölkerung an der Simplon- und an der San Bernardino Route von der erfreulichen Entwicklung im alpenquerenden Verkehr nichts spürt. Im Gegenteil. Besonders im Wallis hat der Verkehr stark zugenommen - dramatisch, insbesondere weil darunter 10'000 Gefahrentransporte pro Jahr sind, d.h. durchschnittlich 40 pro Tag. Die Bevölkerung erwartet nun, dass die versprochene Risikoanalyse zeitnah erstellt wird, dass darauf angemessen reagiert wird und die gefährlichen Fahrten eliminiert oder zumindest stark reduziert werden. Ich zweifle allerdings, ob es alleine mit einer Selbstverpflichtung der Branche zu erreichen ist.

Bei der Umweltbelastung hat die Verlagerung noch zu wenig Wirkung gezeigt; die gesetzlichen Grenzwerte beim Schadstoffausstoss und beim Lärm werden weiterhin überschritten, das gilt explizit für CO2, NOx, Feinstaub und Nachtlärm. Zufrieden nehmen wir die Fortschritte beim schweren Güterverkehr zur Kenntnis, insbesondere die Euronorm 6-Motoren reduzieren die Belastung. Es wird im Bericht aber darauf hingewiesen, dass die Lieferwagen bis 3,5t bei den NOx und Feinstaub-Emissionen einen zunehmenden Anteil aufweisen. So war ihr Gesamtausstoss an NOx-Emissionen erstmals höher als bei den schweren Güterfahrzeugen. Auch bei den Feinstaub-Auspuffemissionen findet nur eine langsame Verbesserung statt. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben, z.B. durch die emissionsabhängige Unterstellung der Lieferwagen unter die LSVA.

Beim Lärm werden die Grenzwerte insbesondere in der Nacht weiterhin überschritten. Es werden keine Verbesserungen bei den Lärmemissionen der Fahrzeuge festgestellt. Einzig durch lärmarme Strassenbeläge könnte eine spürbare Entlastung erreicht werden, die lärmmindernde Wirkung nimmt aber mit der Nutzung wieder ab. Der technologische Fortschritt kann verschiedenen Umweltbelastungen reduzieren, den grössten Effekt würde aber durch die beschleunigte Verlagerung auf die Schiene erzielt werden.

Der Bericht zeigt, dass die flankierenden Massnahmen zwar Wirkung zeigen, das Verlagerungsziel aber ohne zusätzliche Massnahmen nicht erreichbar ist, selbst dann, wenn der Ceneri-Basistunnel und der 4m Korridor in Betrieb sind.

Darum ist es enttäuschend, dass im Bericht gar nichts steht, wie es mit dem Erreichen des Verlagerungsziels weitergehen soll. Mit welchen Massnahmen soll in welchem Zeitraum welches Zwischenziel erreicht werden. Wie können die Produktionsvorteile durch die NEAT, wie die Automatisierung und die Digitalisierung für die Verlagerungspolitik genutzt werden. Dabei bleibt die gesetzliche Vorgabe, dass maximal 650 000 schwere Güterfahrzeuge die Alpen queren, richtigerweise unangetastet.

Ich hoffe, dass die Verwaltung den von der Kommission geforderten Zwischenbericht nicht als Strafaufgabe versteht, sondern vielmehr als Chance, verschiedene Stossrichtungen aufzuzeigen, damit mit geeigneten Massnahmen die Verlagerung beschleunigt werden kann. Es braucht eine Strategie zur mittelfristigen Umsetzung des Verlagerungsziels, die aufzeigt, wie insbesondere nach Eröffnung des Ceneri Basis Tunnels und des 4 m Korridors ab 2020 eine spürbare Entlastung zu wirken beginnt und die Vorgaben des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes erreicht werden.