Interpellation eingereicht am 19.9.19

Öffentlichkeitsprinzip und Mitwirkungsrechte bei der Slotvergabe im Luftverkehr

Flugplanmässige Linienflüge gelten als öffentlicher Luftverkehr - zumindest reklamiert das die Luftfahrtbranche für sich. Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs werden unter Mitwirkung der Bevölkerung erarbeitet und beschlossen. Während der öffentlichen Auflage der Fahrplanentwürfe können alle Interessierten Stellung nehmen und Anträge stellen. Dies wird auch rege genutzt, insbesondere werden beabsichtigte Änderungen wahrgenommen, unterstützt oder abgelehnt. Bearbeitung und Beschlüsse von hoheitlichen Aufgaben unterliegen grundsätzlich dem Öffentlichkeitsprinzip, darum ist es unverständlich, dass die Bestimmung der Flugpläne der Schweizer  Linien-Luftfahrt, insbesondere die Belegung der Slots von einem privaten Verein, der Slot Coordination Schweiz, geheim bestimmt wird und damit der Kennntisnahme und der Mitwirkung der Bevölkerung entzogen bleibt.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrat um Beantwortung nachfolgender Fragen:

  1. Wer ist Mitglied beim privaten Verein Slot Coordination Schweiz, mit welcher Aufgabe und welcher Kompetenz?
  2. In welcher Form erfüllt die Slot Coordination Schweiz hohheitliche Aufgaben?
  3. Auf welcher gesetzlichen Grundlage werden an die Slot Coordination Schweiz hohheitliche Aufgaben delegiert?
  4. Wer bestimmt, welche Aufgaben der Slot Coordination Schweiz dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegen und welche Dokumente der Slot Coordination Schweiz in Erfüllung ihrer Aufgaben der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen?
  5. Aus welchen Gründen wird die Slot-Vergabe nicht als öffentliches Fahrplanverfahren behandelt?
  6. Welche gesetzlichen Bestimmungen müssten geändert werden, damit die Slot-Vergaben wie ein öffentliches Fahrplanverfahren behandelt werden müssten?
  7. Welche Rolle spielten das BAZL und Skyguide,
    1. a) bei der Bestimmung der Anzahl möglicher Slots an einem Flughafen,
    2. b) bei der Genehmigung der Flugpläne?
  8. Welche anfechtbare Verfügung zum Flugplan wird von wem erlassen und wie wird sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?
  9. Welche Aufgabe haben BAZL und Skyguide, wenn
    1. a) festgestellt wird, dass infolge der vergebenen Anzahl Slots die bewilligten Betriebszeiten am Flughafen systematisch überschritten werden,
    2. b) wenn trotz systematischer Überschreitung der Betriebszeiten, zusätzliche Slots beantragt werden?
    3. c) wenn bei systematischer Überschreitung der Betriebszeiten, trotzdem wegfallende Slots wieder belegt werden?

Thomas Hardegger, Nationalrat, SP, ZH

Rede gehalten an der 5G-Demonstration am 21.9.2019 auf dem Bundesplatz in Bern.

Entwicklung Datenverkehr – nicht ohne Mitwirkung der Bevölkerung

Wir müssen feststellen, dass die Mobilfunkbranche ein neues Netz installiert und damit mit ihrem rasanten Tempo bei der Aufrüstung alle Wünsche der Wirtschaft und der Mehrheit im Parlament sogar noch übertrifft.

Doch woher haben Swisscom, Sunrise, Salt und UPC eigentlich den Auftrag erhalten für diesen Infrastrukturausbau? Von der Bevölkerung nicht! Von den Gemeinden nicht! Den Kantonen nicht! Oder wurden Sie gefragt? Nein, die Aufrüstung passiert ohne Auftrag der Bevölkerung.

Die Chefs von Roche, Google, UBS, Givaudan, Swisscom und anderen grossen Konzernen haben den Bundesrat beraten und haben bis jetzt die Strategie zur Digitalisierung der Schweiz bestimmt. So entscheiden alleine die Renditeaussichten, welche Bedürfnisse die Bevölkerung an die Datenversorgung haben soll. Die Bevölkerung soll mehr streamen, up- und downloaden, online-banken / -shoppen / -daten / -wählen und abstimmen / - sich monitoren lassen / -operieren und überwachen lassen und, und, und. Bald werden wir nicht mehr miteinander sprechen müssen: Bis wir einen Gedanken in Worte gefasst haben, hat jemand bereits online geantwortet.

heute, 17.9.2019, am WHO-Welttag der Patientensicherheit eingereichte Interpellation: Was macht die Schweiz, damit fehlerhafte Behandlungen reduziert werden? Wie engagiert sich die Schweiz in der internationalen Zusammenarbeit, damit weniger Menschen Opfer von Behandlungsfehlern werden?

Welttag der Patientensicherheit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt den 17. September zum «Welttag der Patientensicherheit». Der Tag findet zum ersten Mal statt und soll auf das Thema der Patientinnen- und Patientensicherheit aufmerksam machen. In vielen Ländern würden Wahrzeichen in orange angestrahlt, darunter die Pyramiden in Ägypten und die Wasserfontäne in Genf. Was längst bekannt ist, bestätigt die WHO von offizieller Stelle und setzt ein markantes Zeichen.

Millionen Menschen weltweit kommen nach Angaben der WHO jährlich bei medizinischen Behandlungen zu Schaden. «Jede Minute sterben fünf Menschen wegen fehlerhafter Behandlung», sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. Die Behandlungsfehler sind vielfältig, ebenso die Gründe und sie sind vor allem ein globales Problem», wie der WHO-Verantwortliche Neelam Dhingra-Kumar in den Medien sagt. Dabei sind alle Länder betroffen, unabhängig des Grades ihres Wohlstandes und/oder der Höhe der Gesundheitskosten. Mit mehr Sicherheit lässt sich vor allem sehr viel Leid, aber auch Geld sparen.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrates um Beantwortung nachfolgender Fragen:

  1. Wie unterstützt der Bundesrat den „Welttag der Patientensicherheit“?
  2. Gemäss WHO kommen weltweit offenbar Millionen Menschen jährlich bei medizinischen Behandlungen zu Schaden. Die Fehler und Qualitätsmängel verursachen sehr viel Leid und hohe Kosten. Wie zeigt sich die Situation in der Schweiz? Wie viele Patientinnen und Patienten sind in der Schweiz von Qualitätsmängel betroffen? Wie viel Geld könnte mit Qualität gespart werden?
  3. Es macht den Eindruck, dass die Verantwortlichen der Behörden und der Leistungserbringern die Qualitätsmängel bei der Sicherheit der Patientinnen und Patienten tolerieren und zu wenig dagegen unternehmen. Teilt der Bundesrat diese Ansicht?
  4. Welche verbindlichen Massnahmen zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten ist er bereit umzusetzen?
  5. Wie engagiert sich der Bundesrat für die Patientensicherheit in der internationalen Zusammenarbeit?
  6. Ist er bereit, den «Welttag der Patientensicherheit» in der Schweiz zu etablieren und jedes Jahr Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu realisieren?
  7. Dieses Jahr werden erst wenige Wahrzeichen in oranger Farbe leuchten. Ist er bereit, das Bundeshaus im kommenden Jahr am Tag der Patientengesundheit orange beleuchten zu lassen?

 

(Votum zu Vaterschaftsurlaub und Elternzeit im Nationalrat, 11.9.19)

Eigentlich müsste der Vorschlag für eine grosszügige Elternzeit von der Wirtschaft kommen: Familienfreundliche Programme lohnen sich auch finanziell für die Unternehmen, das belegen Studien aus Deutschland und der Schweiz:

Firmen sind so attraktive Arbeitgeber und haben motiviertere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter;

die Produktivität, der Umsatz und die Arbeitsplatzmoral steigen;

dank weniger Personalfluktuation sinken auch die Kosten für Personalsuche und Einarbeitung. Dies lässt sich alles nachlesen im Bericht der eidgenössischen Koordinationskonferenz für Familienfragen.

Darum ist es unverständlich, dass wir überhaupt über die Sinnhaftigkeit und das Bedürfnis von Elternzeit debattieren müssen, umso mehr als die Schweiz das unrühmliche Schlusslicht bei den OECD-Ländern bezüglich Elternzeit bildet.

Nein, es geht nicht um den Führungsanspruch in der Umweltpolitik. Es geht einzig darum, wie schaffen wir für Umweltanliegen Mehrheiten mit dem Parlament, mit der Bevölkerung.

Natürlich, das erste Umweltgesetz der Schweiz wurde von SP-Bundesrat Willi Ritschard durch Bundesparlament gebracht, als sich dort noch vor der Gründung der Grünen ein einziger Parlamentarier als Grüner bezeichnete, Daniel Brélaz aus Lausanne, der auch heute noch für den Kanton Waadt im Nationalrat sitzt. Und das AKW’s Kaiseraugst wurde 1975 durch die Besetzung des Geländes insbesondere durch SP-Mitglieder verhindert. Tempi passati. Heute geht es aber um die grösste Herausforderung für die Menschheit in deren Geschichte und die Wahlen in den nächsten Jahren in allen Ländern der Erde werden darüber entscheiden, ob wir die Ziele des Klimaabkommens für Paris überhaupt erreichen können.

Es ist kein Geheimnis, die Umweltziele wurden in den siebziger, achtziger und neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts auch innerhalb der SP nicht immer vorbehaltlos unterstützt. Die Fragen, ob damit auch die Wohlstanderfolge betroffen wären, ob Arbeitsplätze gefährdet würden, ob bei allfälligen Einschränkungen liebgewonnener Lebensgewohnheiten alle gleich behandelt wären – blieben in der politischen Diskussion und bei der Suche nach Mehrheiten immer mitentscheidend.

Eigentlich hat sich daran bis heute wenig geändert: Eine Umweltpolitik wird kaum Mehrheiten finden, wenn die Klimapolitik nicht so ausgestaltet ist, dass neben der Rettung der Erde auch ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht:

  • Massnahmen müssen mit Lenkungsabgaben versehen werden; umweltschonendes Verhalten wird belohnt, umweltschädigendes belastet.
  • Es werden nicht Umweltsteuern sondern Umweltabgaben erhoben, die für den sozialen Ausgleich eingesetzt werden: Verbilligung von Krankenkassenprämien, Ausbau öffentlicher Verkehr, Weiterbildungs- und Wiedereingliederungsangebote, höhere Beiträge an externer Kinderbetreuung, Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, individuell anpassbare Wohn- und Betreuungsangebote für die ältere Generation und weiteres mehr.
  • Lenkungsabgaben müssen bei den Ursachen ansetzen und nicht einfach Symtome bekämpfen. damit nicht Reiche dank Ablass ihren Jet-Set Lebensstil weiterführen, die tieferen und mittleren Einkommen sich aber Ferien nicht mehr leisten können.
  • Öffentliche Förderinstrumente unterstützen die Forschung, Innovation und schaffen neue, zukunftsgerichtete Arbeitsplätze.
  • Private Initiativen zur CO2-Ausstoss-Reduktion (e-Mobilität oder Autoverzicht, Produktion erneuerbarer Energien zum Eigenverbrauch, Konsum saisonaler, regionaler Produkte, energetische Sanierungen) werden unterstützt.
  • Finanz-, Steuer und Investitionspolitik haben in ihren Auswirkungen die Klimaneutralität zu gewährleisten.

Geändert hat sich durch die verstärkte Klimadiskussion sicher, dass viele Menschen einsehen, dass gehandelt werden muss und sie sind bereit, Massnahmen mitzutragen, auch wenn sie allenfalls zur Änderung ihres Lebensstils führen. So wichtig die individuellen Beiträge an umweltschonendem Verhalten ist, freiwillige Verhaltensänderungen werden nicht reichen. Es braucht Regulierungen für die Wirtschaft und Eingriffe auch in die Eigentumsgarantie, weil das öffentliche Interesse an der Rettung des Klimas doch überwiegt.

«Wer hat’s erfunden?» ist darum in der Umweltpolitik eine müssige Frage. Entscheidend ist, wer den Ideen zum Durchbruch verhilft. Wir können darauf zählen, dass die ökologisch ausgerichteten Parteien im Oktober zulegen. Aber ohne die SP wird kein Traum erfüllt und keine Initiative gewonnen. Für die Umsetzung ambitionierter Umweltziele braucht es die Unterstützung der sozialen und gewerkschaftlichen Kräfte. Für praxisorientierte Klimapolitik hat die SP die Fachleute und die Erfahrung, wie wissenschaftliche Erkenntnisse Mehrheiten schaffen. Auch ohne «grün» im Parteinamen ist darum die SP die Partei, ohne die es keine erfolgreiche, sozialverträgliche Umweltpolitik gibt.

Thomas Hardegger, Nationalrat