14.439 – Parlamentarische Initiative

Mitsprache und Rechtsstellung der Patientinnen und Patienten bei der Bestellung von Vertrauensärzten

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Urteilt ein Vertrauensarzt darüber, ob eine Krankenkasse sich an den Kosten einer Behandlung beteiligen muss oder nicht, dann handelt er als Vertragspartner einer Krankenkasse. Er wird von der Krankenkasse für seine Arbeit bezahlt. Dafür hat er einen Vertrag unterschrieben, der jederzeit regulär kündbar ist. Die Krankenkasse kann die Abklärung des Vertrauensarztes als Entscheidungsrundlage verwenden - wenn sie denn will, und die Kostenbeteiligung sprechen oder ablehnen. Im Streitfall hat sie auch Anwälte zur Verfügung, die den Anspruch der Patientin oder des Patient bekämpft.

Auf der anderen Seite steht der Kranke, der sich dem Urteil des Vertrauensarztes ausgeliefert sieht. Sein „Vertrauensarzt“ „“ wäre der diagnostizierende und behandelnde Arzt. Dieser ist aber Mediziner und nicht Anwalt des Patienten. Und sein Anspruch auf Bezahlung der Rechnung ist auf jeden Fall berechtigt, ob er nun von der Kasse oder vom Patienten beglichen wird.

 

Dieses Ungleichgewicht entsteht aus der strukturellen Abhängigkeit des Vertrauensarztes vom Versicherer. Wir können nicht nachweisen, dass der Vertrauensarzt unter Druck seiner Kasse anders urteilt. Zumindest auf dem Papier ist seine Unabhängigkeit festgelegt, aber die Kasse muss die Empfehlung des Vertrauensarztes nicht übernehmen und das kündbare Vertragsverhältnis schafft eine bedingte Abhängigkeit. Dies schafft einen Druck, auch wenn das der Vertrauensarzt in Abrede stellt; er ist Parteienvertreter, nämlich der der Kasse.

Konsequenterweise sollten darum die Vertrauensärzte von unabhängiger Stelle angestellt und bezahlt werden. Dies ist aber bisher im Nationalrat nicht mehrheitsfähig gewesen. Meine PaIv. schlägt deshalb eine mildere Variante vor, um das Ungleichgewicht zu Ungunsten der Patientinnen und Patienten etwas auszugleichen. Die Verbände, die die Interessen der Patientinnen und Patienten vertreten, sollen bei der Bestellung der Vertrauensärzte ein Mitspracherecht erhalten und bei Zweifeln beim Urteil des Vertrauensarztes eine Zweitmeinung einfordern dürfen.

Es gibt tatsächlich regelmässig und berechtigt Abgrenzungsfragen. Etwa ob eine Behandlung im Ausland unabwendbar gewesen ist oder ob eine Rückführung für die Behandlung zumutbar gewesen wäre. Wichtig wären hier doch einheitliche Kostenbeteiligungen und entscheidend sollte nicht sein, wie unabhängig der Vertrauensarzt einer Kasse urteilt. Zufällige Zu- oder Absagen treten etwa bei Spitexleistungen, Kinderphysiotherapie, Brustwiederaufbau nach einer Krebsbehandlung oder Bauchstraffungen nach starker Gewichtsabnahme auf.

Die Gesetzesanpassung verbessert nicht nur die Rechtsstellung der Patientenvertretungen, sie würde auch dazu führen, dass Patientinnen und Patienten abschlägige Antworten eher akzeptieren könnten. Müssen sie den Rechtsweg beschreiten, wird das für die Betroffenen teuer. Die Krankenkassen hingegen kümmern die Kosten des Rechtsweges wenig, die Prämienzahlenden kommen ja für die Kosten der Kassenanwälte auf.

Die Bezeichnung Vertrauensarzt stimmt - er geniesst das Vertrauen des Versicherers, - oder er hat zu gehen. Was fehlt, ist ein Verhältnis, das auch für die Versicherten Vertrauen schafft.

Die Stärkung der Rechte der Patientinnen und Patienten gegenüber der Kassen haben es hier im Rat schwer. Nur schon, dass ein Kassenverbandpräsident die Kommission vertritt, ist Beweis genug.

Im Interesse der Patientinnen und Patienten bitte Sie, meine PA.Iv. zu unterstützen.

1.12.2015 - Der Nationalrat lehnt die Parlamentarische Initiative mit 128 : 62 Stimmen bei einer Enthaltung ab.