Letzte Woche habe ich von meiner KK Post als Kunde erhalten. Mit der Bezeichnung Kunde suggeriert die Kasse, ich hätte bei der Auswahl der notwendigen Leistungen in der Grundversorgung eine Auswahl und andererseits hätte sie, die Kasse, eine Möglichkeit Leistungen aus der Grundversicherung zu bezahlen oder nicht. Und so gebärden sich viele Kassen auch. Es kommt vor – und es liegt der Verdacht nahe, dass dies oft gängige Praxis ist – dass Leistungen aus der Leistungsverordnung vorerst einmal abgelehnt werden, und erst auf Beschwerde hin wird dann bezahlt. Oder die Rückerstattung der Rechnung wird über Wochen hinauszögert, so dass der Bund eine Meldestelle einrichten musste. Die Patientenstellen können ihnen gerne Auskunft über das Verhalten der Kassen gegenüber ihre sogenannten Kundinnen und Kunden geben.

 

Ich will aber nicht Kunde sein, ich will wie alle andere in erster Linie Versicherter sein; versichert gegen Krankheits- und Unfallereignisse, die ich nicht will, nicht verhindern kann und wo ich in der Regel keine Wahl habe, ob ich die Behandlung über mich ergehen lassen muss oder nicht.

Die NZZ schreibt am Samstag mit Bezug auf die off-label-use: Die Wahl der Krankenkasse kann in der Schweiz über Leben und Tod entscheiden.  Ich frage Sie, ist das das Prinzip der sozialen Grundversicherung, die alle Kassen zu gleichen Leistungen verpflichten will? Ist dies das Ergebnis des glorifizierten Wettbewerbs unter den Kassen, den es nach der Leistungsverordnung gar nicht geben darf.

Eine öffentliche Krankenkasse würde diesen Ungerechtigkeiten ein Ende setzen.

Einen Beweis dafür, dass die Vielfalt an Kassen kostendämpfend wirken, sind uns diese bisher schuldig geblieben. Lippenbekenntnisse alleine genügen nicht. Sie fordern grössere Eigenverantwortung der Versicherten, bezahlen aber unkontrolliert die Rechnungen der Spitäler, ohne dass die Betroffenen bestätigen, dass die Leistung tatsächlich erfolgt ist. Auf telefonische Nachfrage heisst es dann: Was wollen sie überhaupt, die Rechnung ist doch bezahlt. Und um die Qualitätssicherung kümmern sich die Krankenkassen schon gar nicht. Oft könnten Folgenkosten von Behandlungen minimiert werden, indem der Qualitätssicherung mehr Nachachtung verschafft würde.

Eine öffentliche Krankenkasse wird hier viel zur Kostendämpfung beitragen, indem nicht der Quartalsabschluss im Fokus steht, sondern die Entwicklung der Gesundheitskosten, die Qualitätssicherung und die Verhinderung von unnötigen Behandlungen.

Indem die Krankenkassen ihre Verwaltungskosten in Prozenten der Prämiengelder angeben, entstehen sogar indirekte Fehlanreize. Sie profitieren von aufwändigeren Behandlungen und der damit verbundenen teilweisen höheren Gesundheitsrisiken, auch wenn es effizientere, einfachere, risikolosere gäbe.  Diese Steigerung der Gesundheitskosten mit höheren Prämien lässt sie besser dastehen, weil der prozentuale Anteil der Verwaltungskosten tiefer ist. Einen wirklichen Willen an einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen kann nicht ausgemacht werden. Und wenn die Aufsicht sich zufrieden gibt mit der Angabe des Anteils der Verwaltungskosten in Prozenten der Prämiengelder, wird das Prinzip der Wirtschaftlichkeit nicht wirklich kontrolliert.

Letztes Jahr haben 600‘000 Versicherte die KK gewechselt. Für die einzelne Prämienzahlerin ist das nützlich. Dass diese Kassenwechsel  mehrere Hundert Millionen von unseren Prämiengeldern beansprucht, und dies jedes Jahr, ist aber unsinnig.

Viel schlimmer sind die Wanderungsbewegungen für die Angestellten der Kassen. Ist eine Kasse stark betroffen - sie haben viele neue Versicherte oder viele Verluste - fehlt Personal oder es muss Personal abgebaut werden. Das bedeutet, dass jedes Jahr viele Angestellte nicht wissen, ob sie nächstes Jahr noch ihre Stelle haben oder nicht. Auch das verursacht Kosten und verbessert die Dienstleistung der KK nicht.

Einen Umbau in die öffentliche Krankenkasse verursacht einmalige Kosten, richtig. Dies aber gegenüber den jährlichen wiederkehrenden Mehrkosten des heutigen Systems, die durch die Kassenwechsel, Personalfluktuation, Werbung, Verwaltungshonorare, Stiftungsratshonarate, Beiratshonorare, Honorare von groupe de reflection, Geschäftsleitungshonorare, repräsentativen Firmensitze und vieles andere mehr verursacht werden. Diese werden nachhaltig geringer sein.

Und ich als sogenannter Kunde habe auch das Propagandaschreiben meiner Kasse zur Bekämpfung der öffentlichen Krankenkasse mit meinen bezahlten Prämien mitfinanziert, ohne dass ich dazu meine Einwilligung gegeben habe. Gerade darum bitte ich Sie, die Volksinitiative für eine „öffentlichen Krankenkasse“ zu unterstützen.