«Du gibst mir die Wurst, ich lösch dir den Durst»

Der Landbote

Freitag, 9. September 2011 Winterthur

Einigkeit unter den Ständeratskandidierenden beim Fluglärmstreit: Eine Lösung sei nur möglich, wenn das Problem etwa mit der Atommüllfrage oder der Abgeltungssteuer verknüpft werde. Eine Idee, die dem Bundesrat bekanntlich nicht gefällt.

 

Wie soll man den Fluglärmstreit mit Deutschland lösen?

Balthasar Glättli (Grüne): Man wird nur eine Einigung mit Deutschland finden, wenn man weiss, worüber man verhandeln soll. Das heisst, es braucht zuerst eine Limite für die Zahl der Flugbewegungen als Diskussionsbasis.

Thomas Hardegger (SPSP): Wir können das Problem nicht lösen, wenn wir den Deutschen sagen, sie müssten einen Teil des Lärms übernehmen, und im Kanton Zürich ist ein Gebiet ganz befreit davon. Es braucht eine minimale Verteilung des Lärms.

Urs Hany (CVP): Wir brauchen ein Verteilungskonzept. Ich hoffe, dass die deutschen und schweizerischen Minister jetzt eine gute Einigung finden.

Maja Ingold (EVP): Wir müssen uns überlegen, was wir den Süddeutschen offerieren sollen, damit es für sie akzeptabel ist, einen Teil des Fluglärms zu übernehmen. Ohne ein solches Tauschgeschäft wird man zu keiner Lösung kommen.

Verena Diener (GLP): Es braucht eine Verknüpfung mit einem anderen Thema. Die Deutschen sind sehr interessiert an einer Mitsprache über das Atommüllendlager in Benken. Sie haben da grosse Befürchtungen. Ich würde deshalb die Diskussion über die Endlagerung des atomaren Mülls mit der Diskussion über die Flugbewegungen verknüpfen.

Felix Gutzwiller (FDP): Ich bin auch für eine Paketlösung. Vor allem muss es der Gesamtbundesrat endlich als seine zentrale Aufgabe betrachten, mit Berlin über das Thema zu verhandeln, um die Sache voranzubringen.

Christoph Blocher (SVP): Ich würde das Abgeltungssteuerabkommen, das den Deutschen Milliarden bringen wird, erst dann in Kraft setzen, wenn der Fluglärmvertrag unter Dach und Fach ist. Gibst du mir die Wurst, so lösch ich dir den Durst.

 

Finden Sie es in Ordnung, wenn gewisse Kantone dank dem Zürcher Beitrag in den Finanzausgleich ihre Steuern senken können?

Blocher: Ich habe nichts dagegen. Aber ich sehe nicht ein, dass der Kanton Bern, der so viele Möglichkeiten hat, vom Kanton Zürich Millionen erhält, nur weil er eine schlechte Wirtschaftspolitik betreibt.

Diener: Es ist unsolidarisch, dass gewisse Kantone Steuerwettbewerb betreiben und gleichzeitig Finanzausgleichsgelder beziehen. Dagegen muss etwas unternommen werden.

Glättli: Bin ganz deiner Meinung.

Gutzwiller: Ich finde das auch falsch, allerdings mit einer kleinen Präzisierung. Kantone, die Ausgleichsgelder beziehen, dürfen ihre Steuern nicht so tief senken, dass sie damit unter dem Schnitt der Geberkantone liegen.

Hany: Es braucht Korrekturen beim neuen Finanzausgleich.

Hardegger: Eine absolut unhaltbare Situation, die man dringendst korrigieren muss. Es kann nicht sein, dass andere Kantone auf Kosten des Kantons Zürich reiche Steuerzahler anlocken.

Ingold: Wettbewerb ist an sich etwas Sinnvolles. Aber wenn er ruinös wird und nicht mit gleich langen Spiessen geführt wird – wie in diesem Fall –, ist er ungerecht.

 

Was steht höher auf Ihrer Prioritätenliste: der Brüttener Tunnel oder die Oberlandautobahn?

Hany: Beides steht gleich hoch. Es braucht Schiene und Strasse.

Gutzwiller: Finde ich auch. Ich würde zudem den Gubristtunnel zuoberst auf die Prioritätenliste setzen.

Hardegger: Den Brüttener Tunnel ausbauen, um die S-Bahn zu stärken und die Strasse zu entlasten.

Blocher: Beides. Autobahn und öffentlicher Verkehr haben ihre eigenen Finanzierungsquellen. Aber der Gubrist ist dringender als die Oberlandautobahn.

Glättli: Wir können es uns nicht leisten, zwei Verkehrssysteme mit Milliarden auszubauen. Und als jemand, der im Oberland aufgewachsen ist, würde es mir extrem wehtun, wenn dort eine Autobahn gebaut würde.

Diener: Ich bin klar für den Brüttener Tunnel, ein Herzstück des Bahnnetzes. Es ist aber eine Realität, dass es eine Partnerschaft zwischen Schiene und Strasse braucht. Und da hätte der Gubrist Vorrang.

Ingold: Für mich als Winterthurerin steht der Brüttener Tunnel klar im Vordergrund. Aber wir brauchen auch ein gut ausgebautes Strassennetz.