Votum im Nationalrat am 26. 2.2018: Ergebnisse genetischer Untersuchungen sowohl aus medizinischen wie aus
Lifestyle-Gründen beinhalten höchst sensible Daten. Sie sagen aber nicht nur etwas über die untersuchte
Person aus, sondern auch über deren Bruder, Schwester, Vater, Mutter, Kinder und Grosskinder, über deren
Genanlagen. So kann das Leben von Angehörigen, ob sie es wollen oder nicht, durch Resultate aus Gentests
sehr stark beeinflusst werden. Ein Versprecher genügt, und der Lebenslauf eines oder einer Unbeteiligten kann
auf den Kopf gestellt werden. Gerade darum sind Regulierungen zur Aufklärungsarbeit und zum Umgang mit
Informationen, insbesondere solchen, die zufällig entdeckt werden oder überschüssig sind, besonders wichtig.
Die Grenze zwischen genetischen Untersuchungen aus medizinischen und Lifestyle-Gründen ist nicht einfach
zu ziehen. So gilt etwa ein Gentest zu Übergewicht als Lifestyle-Test, allfällige daraus abgeleitete Behandlungen
sind aber oft medizinischer Natur. Sowohl bei medizinischen wie Lifestyle-Tests fallen viele Überschussinformationen
an. Darum haben die Grundsätze des Umgangs mit genetischen Untersuchungen für
alle Kategorien genetischer Untersuchungen zu gelten. Unterstützen Sie darum bitte die Minderheitsanträge
zur Schriftlichkeit, zur Vernichtung der Überschussinformationen, zur Weiterverwendung der Daten und zur
Publikumswerbung.


Es darf keinen Gentest ohne sorgfältiges Aufklärungs- und Beratungsgespräch geben. Vor der Untersuchung
muss der einer genetischen Untersuchung Zustimmende wissen, was er auslöst, welche Entscheide er nachher
fällen muss und welche Verantwortung er mit seinem Wissen gegenüber seinen Angehörigen hat. Damit
die sorgfältige und neutrale Beratung sichergestellt ist und später auch nachvollzogen werden kann, ist die
Schriftlichkeit unerlässlich. Aussagen wie, das habe man eben nicht gewusst, oder, hätte man das gewusst,
hätte man den Test niemals machen lassen, darf es nicht geben, weder vom Betroffenen noch vom verordnenden
Arzt.
Schriftlichkeit fordert Verbindlichkeit ein. Sie ist eines der Mittel, die es für die Qualitätssicherung braucht. Genetische
Untersuchungen als Sammlung von Daten über eine bestimmte Person, für einen bestimmten Zweck
und zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen dokumentiert sein, und die schriftliche Einwilligung gehört zur
Sorgfaltspflicht jedes Beteiligten. Verbale und möglicherweise auch nonverbale Signale können als Zustimmung
gedeutet werden, aber nur mit der Schriftlichkeit können sie zurückverfolgt und überprüft werden.
Genetische Untersuchungen sind ein boomendes Geschäft. Werden sie aus medizinischen Gründen angeordnet,
kann ein Nutzen erwartet werden. Bei Livestyle-Untersuchungen haben wir längst einen blühenden
Schwarzmarkt, mit dem viel Geld verdient wird. Oft ist das Ergebnis weder notwendig noch nutzbringend.
Im Gegenteil, weil kaum Regulierungen bestehen, die Qualität nicht gesichert und wegen des Internets auch
kaum kontrollierbar ist, werden auch unerwünschte Informationen erhoben und weitergegeben. Darum ist die
Publikumswerbung grundsätzlich zu verbieten. Stellen Sie sich vor, es wird dafür geworben, Vaterschaftsabklärungen
durchzuführen. Was passiert, wenn sich nun Dutzende Männer ohne vorgängige Beratung, ohne
Zustimmung der Mütter und Kinder DNA-Profile machen lassen? Sowohl positive wie negative Ergebnisse
können das Leben der Söhne und Töchter verändern. Die Tests sind entweder überflüssig oder schädlich –
egal, dafür zu werben ist zu verbieten. Wer mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, wird sich allenfalls später
beraten lassen müssen, beim Hausarzt oder bei der Psychologin, auf jeden Fall so, dass Folgekosten zulasten
der Allgemeinheit anfallen. Und mit einemWerbeverbot kann die Bevölkerung besser vor Missbrauch geschützt
werden.
Darum unterstützt die sozialdemokratische Fraktion die Minderheitsanträge Graf Maya, Aebischer Matthias
und Reynard, das heisst alle Minderheitsanträge aus Block I, und bittet Sie, dies ebenfalls zu tun.